Die Reise geht weiter

2013

Netzwerktagung

“High Risk – Veränderung
mutig steuern”

2016

Projekt

“Welcome to Life”

2019

Netzwerktagung

“Multiperspektivische Prozesssteuerung mit Grenzgänger:innen”

2023

Netzwerktagungsreihe

“Von Systemsprenger:innen zu Systemgänger:innen”

Mit dieser Netzwerktagungsreihe wollten wir den nächsten Schritt auf der Reise hin zu einer synchronen Haltung setzen, um in einer Co-Produktion Systemübergänge mit Systemgänger:innen zu gestalten.

Gemäß den Zielen der Netzwerktagungsreihe wurde in den ersten zwei Stationen ausgehend von der zentralen Schnittstelle Sozialpädagogik kreativ erarbeitet, wie eine die individuellen Spielräume berücksichtigende, systemübergreifende Co-Produktion von Übergangsprozessen mit Systemgänger:innen bei grenzüberschreitender Systemdynamik aussehen kann bzw. gesammelt welche gelungenen Praxisbeispiele schon bestehen. In der dritten Station wurde das Verlassen des Systems der Kinder- und Jugendhilfe, der Prozess des  “Leaving care”, aus verschiedenen Perspektiven betrachtet.

Factor-übergreifend zeigt sich, dass Co-Produktion bei Einzelfällen mit viel Engagement der Beteiligten funktioniert. Vernetzung wird gewünscht, diese zu etablieren benötigt jedoch Ressourcen, die aktuell kaum vorhanden sind.

Wir sehen Vernetzung als Teil unserer Arbeit.
Wie kann dies institutionell verankert werden, ohne dass die Begleitung der Kinder- und Jugendlichen darunter leidet und es nicht finanziert wird?

Station 1

Netzwerktagung

Europahaus Wien

4. Oktober 2023

Systemgänger:innen in der
Kinder- und Jugendhilfe

Haltungen und Co-Produktion

Multiprofessioneller Dialog
zur Co-Produktion
von Systemübergängen

Station 2

Co-Produktion

LoCo-Motion-Train

5. Oktober 2023

Co-Produktion von Übergangsprozessen
für Systemgänger:innen

Im LoCo-Motion-Train modulieren wir
miteinander Systemübergänge

Station 3

Fachtagung

Universität Klagenfurt

5. Oktober 2023

Systemgänger:innen und
Careleaver:innen

Leaving Care als
Übergangsprozess

Aktuelle Standortbestimmung und
zukünftige Perspektiven
für Careleaver:innen

Station 1 – Netzwerktagung | Europahaus 4.Oktober

Systemgänger:innen in der Kinder- und Jugendhilfe

Video Intro Tagung – Kurzversion

Alle Lieder wurden im Rahmen der Musiktherapie produziert.

Expert:innenstatements

Es gibt keine junge Wohnungslosenhilfe bzw. junge Erwachsene Hilfe. Wohnungslosenhilfe kann/darf keine adäquate Folgeleistung für junge Menschen sein, die mit 18. aus ihrem Zuhause ausziehen müssen. Insbesondere nicht für junge Menschen, die wenig bis keine stabilen Netzwerke und tragfähige Beziehungen haben. Gemeinsam mit dem Fonds Gesundes Wien und der Kinder- und Jugendhilfe muss ein Angebot aufgebaut werden, welches sich den Bedarfslagen junger Erwachsener annimmt und sie im weiteren Heranwachsen unterstützt.

 Wichtig erscheint mir, dass sich die Kolleg:innen der Basis wieder mehr vernetzen und gemeinsam stärker auftreten, um die kleinen Erfolge zu teilen und Veränderung bewirken zu können.

[um]bruch:stelle

Drei Kontemplatonen – Das Sujet | Die Conclusio | Der Apell

Das Sujet

Paul Watzlawick (1969) konstatiert im ersten Axiom: „Man kann nicht nicht kommunizieren, denn jede Kommunikation (nicht nur mit Worten) ist Verhalten und genauso wie man sich nicht nicht verhalten kann, kann man nicht nicht kommunizieren“ Demzufolge kann davon ausgegangen werden, dass die Akteure und Akteurinnen* Sozialer Arbeit a priori und implizit mit den Klienten und Klientinnen* >>in Beziehung sind<<.

Die Conclusio

Die Akteure und Akteurinnen* operativer Sozialpädagogik können >>nicht nicht in Beziehung<< sein. Es scheint unmöglich keine Beziehung zu den Klienten und Klientinnen zu entwickeln bzw. zu leben.

Den von „kreativen“ Verhaltensweisen geprägten und mitunter konfliktgeladenen Beziehungen gilt es seitens der operativen Sozialpädagogik ein besonderes Augenmerk zu schenken. Denn solange mit Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen* Konflikte abgearbeitet werden, solange ist greifbare Beziehung vorhanden. Kinder und Jugendliche die „abgängig gehen“ oder durch Rückzug imponieren, werden ungreifbar.

Der Apell

Daraus resultiert Menno Baumanns „Aktives Aushalten“ ist eine der Mainkompetenzen der operativen Sozialpädagogik!

Abschließend sei mit den Worten Martin Bubers appelliert: „Das Zwischen muss täglich neu aufgebaut werden“! Es darf ergänzt werden: um Systemsprengern und -sprengerinnen* nahezubringen wie sie zu Systemgängern und Systemgängerinnen* werden können, um last but not least zu erlernen, zu können und zu wissen welches Setting welcher Inszenierung bedarf!

Literatur
Baumann, Menno; Bolz, Tijs; Albers, Viviane (2020): Professionelle Beziehungsgestaltung in der Arbeit mit „Systemsprengern“, In: Reinhardt e-Journals. Ernst Reinhardt Verlag, S. 297-304.

Paul Watzlawick, download Dezember 2012.

“Was brauchst DU an Co-Produktion am dringendsten zur Bewältigung deiner Arbeit, damit Systemsprenger:innen zu Systemgänger:innen werden”

Abfrage per Mentimeter

Co-Produktion beGREIFbar machen

Mittels der Kreativmethode “Lego Serious Play” wurden die Statements und die Praxis einer Co-Produktion in Form konkreter kreativer Aufgaben miteinander beGREIFbar verbunden und so thematisch verdichtet.

Action-Dinner – „Wann hat man im Dienst schon ein “ruhiges Abendessen”

Inhalte der Tagung wurden mittels Tablet und Twine nochmals aufgegriffen.

Station 2 – Co-Produktion | LoCo-Motion-Train 5.Oktober

Co-Produktion von Übergangsprozessen für Systemgänger:innen

Bezugnehmend auf die Headlines des Vortages wurden multimedial, mittels Twine und Tablets, aber auch klassisch haptisch mittels Flipchart und Marker, Co-Produktionen erprobt und weitere konkrete Schritte hin zu Co-Produktionen von Systemübergängen moduliert.

Konkrete Ideen deren Umsetzung angedacht wird

Konkrete Ideen deren Umsetzung angedacht wird

Station 3 – Fachtagung | Universität Klagenfurt 5.Oktober

Systemgänger:innen und Careleaver:innen

Bei der dritten Station, einer Kooperationsveranstaltung mit der Universität Klagenfurt, wurde das sozialpädagogische Schnittstellensystem der Kinder- und Jugendhilfe verlassen und in Fachvorträgen sichtbar gemacht, welche Herausforderungen sich durch den Systemübergang zum “Leaving Care” ergeben.

Stephan Sting,
Georg Streissgürtl, Julia Weissnar

Die Bedeutung von Familie und informellen Beziehungen im Übergang aus der Kinder- und Jugendhilfe

Download

Carina Kofler,
Gudrun Cerzabek

Professionelle Unterstützung und Vernetzung von Careleaver:innen
– die Care Leaver-Anlaufstelle Klagenfurt

Download

Wolfgang Haydn,
Patrick Frottier

Von “leaving care” zu “transition”. Risiken, Fallen und Chancen von jungen Erwachsenen im Übergang aus der
Kinder- und Jugendhilfe

Download
Eindrücke

Bilder: Reinhard Amminger & Arbeitskreis Noah

Mit freundlicher Unterstützung durch unsere FH Kooperationspartner:innen!
Der Arbeitskreis Noah ist Mitglied bei
Risikofaktoren

2013 wurde bei der Netzwerktagung „High Risk – Veränderung mutig steuern“ eine „Netzwerkskizze“* für Kinder und Jugendliche at high risk entwickelt, die von individueller bis soziokultureller Ebene reicht und 6 Risikofaktoren (Factors) umfasst.

Im Zuge der Tagung 2019 „Multiperspektivische Prozesssteuerung mit Grenzgänger:innen“ wurden die für die jeweiligen Faktoren relevanten (Hilfe)Systeme für die Betreuung und Begleitung von Grenzgänger:innen erhoben.

Ausgehend von der lebensweltnahen zentralen Schnittstelle der Sozialpädagogik wurde in der Netzwerktagungsreihe 2023 der Frage nachgegangen, wie durch Co-Produktion der (Hilfe)Systeme an den Faktorschnittstellen aus Systemsprenger:innen Systemgänger:innen werden können.

Family

Social

Safe

Health

Community

Education

*Basierend auf: Schonert-Reichl, Kimberly (2000): Children and Youth at Risk: Some Conceptual Considerations. Paper prepared for the Pan-Canadian Education Research Agenda Symposium “Children and Youth At Risk,” April 6th and 7th, 2000, Ottawa.

Sieht man sich die Lebensgeschichten von Kindern in der Fremdunterbringung an, sehen wir gehäuft Jugendliche, deren Kindheit geprägt war durch mehrere Faktoren, wie missbräuchliche und dysfunktionale Beziehungen, emotionale Unterversorgung, Verwahrlosung usw. Sie stammen großteils aus sogenannten Multiproblemfamilien.

Ihr Weg in der Kinder- und Jugendhilfe beginnt mit der Abnahme, raus aus dem gewohnten Familiensystem, hinein in eine fremde Einrichtung, die „WG“. Dort wird die angebotene Beziehung der Betreuer:innen und der Helfer:innensysteme auf die Probe gestellt.

Aus den erhobenen Daten der Studie des Arbeitskreis Noah 2022 (89 Kinder/Jugendliche zwischen 8 und 20 Jahren) zeigten sich in der Familie eindeutige Faktoren, die auf Traumata und dysfunktionale Beziehungen hinweisen.

Neben dem Faktor „Trennung der Eltern“ zeigten sich folgende belastende Faktoren:

– Suchterkrankung eines Elternteils 40%
– psychische Erkrankung eines Elternteils 38%
– direkte körperliche Gewalt dem Kind gegenüber 46% davon bei 12% mit sexuellem Missbrauch

LA FAMILIA

Quelle: Verlaufsstudie at high risk – Arbeitskreis Noah 2022 eine Evaluation

Unser Sozialpädagogisches Umfeld ist geprägt von Belastenden Ereignissen.

Unsere Klient:innen zeigen selbstverletzendes Verhalten, haben suizidale Tendenzen und sind mehrfach traumatisiert.
– Wir sind keine Klinischen Psycholog:innen und es arbeiten zu wenige von ihnen in unseren Teams!

Es kommt zu Akutaufnahmen, teilweise zu lebensbedrohlichen Situationen durch Risikokonsum von Drogen. Davon sollen wir sie wegbekommen.
– Wir sind nicht ausgebildet als Drogenberater:innen und Suchtbegleiter:innen!

Wir sollen einschätzen, wie beeinträchtigt sie sind und darauf achten, dass sie verschriebene Medikamente einnehmen.
– Wir sind keine Ärzt:innen!

Die Gesellschaft ist sauer, weil wir angeblich „Kuschelpädagogik“ machen.
– Wir sind weder Polizist:innen noch Justizwachebeamt:innen!

Die Kinder- und Jugendhilfe ist das größte Handlungsfeld im Bereich Soziale Arbeit und Sozialpädagogik. Gleichzeitig gibt es massiven Fachkräftemangel.

Selbstverletzendes Verhalten

Quelle: Verlaufsstudie at high risk – Arbeitskreis Noah 2022 eine Evaluation

Das in der Betreuung als problematisch und herausfordernd erlebte Verhalten zeigt sich in den Einrichtungen des Arbeitskreis Noah* dadurch, dass

  • 38% der Kinder/Jugendlichen die Betreuer:innen wiederholt verbal bedrohen und beleidigen, 18% die Gleichaltrigen.
  • 20% wiederholt körperliche Übergriffe gegenüber Betreuer:innen tätigen und 37% gegenüber Gleichaltrigen.
  • 8% inadäquates sexualisiertes Verhalten gegenüber Betreuer:innen zeigen und 20% gegenüber Gleichaltrigen.

Zusätzliche Zerstörungen und Impulsdurchbrüche führen zu regelmäßigen Polizeieinsätzen.

Begegnungen in der Einrichtung

* Studie 2022, Erfassung der Daten von 89 Kindern/Jugendlichen zwischen 8 und 20 Jahren

Quelle: Verlaufsstudie at high risk – Arbeitskreis Noah 2022 eine Evaluation

Diagnosen ICD 10

Problematische familiäre Faktoren und das Aufwachsen in dysfunktionalen Beziehungen zeigte sich in unserer Studie (Arbeitskreis Noah 2022) als folgende ICD10 Diagnosen:

57 von 89 Kindern haben mindestens eine Diagnose, das sind 62%.

Davon haben 39% mehrere Diagnosen und 23% nur eine Diagnose.

Posttraumatische Belastungsreaktionen, Störungen des Sozialverhaltens, hyperkinetische Störungen, Bindungsstörungen und affektive Störungen liegen im Vordergrund.

Diagnosenhäufigkeit nach ICD10, Arbeitskreis Noah Studie 2022

Drogenkonsum

Alkohol (68%), Tabak (56%) und Cannabis (52%) werden am häufigsten konsumiert.

Bereits in der Gruppe der 8- bis 12-Jährigen konsumieren 23,5% Alkohol und Tabak. Problematisch zeigt sich der Mischkonsum von chemischen Substanzen mit diversen Tabletten, vorrangig Benzodiazepam. Zum aktuellen Zeitpunkt der Zählung 2022, gab es acht Jugendliche mit wiederholtem Hochrisikokonsum, also Substanzmissbrauch, der lebensrettende Maßnahmen notwendig machte. Eine Jugendliche verstarb.

Konsum illegaler Substanzen und Mischkonsum, Arbeitskreis Noah Studie 2022

8-12 Jährigen (n17) 

  • bereits 23,5% konsumieren Alkohol und Tabak
  • 17,6% haben Alkohol und Tabak konsumiert, probiert
  • 1 Kind Risikokonsum von XTC, Tabletten, Alkohol, Tabak

13-15 Jährigen (n29)

  • 72,4% konsumierten eine oder mehrere Substanzen
  • 62% konsumieren illegale Substanzen (ohne Tabak, Alkohol)
  • 37,9 % Mischkonsum diverser chemischer Substanzen
  • 2 Jugendliche Risikokonsum

16-20 Jährigen (n43)

  • 88,4% konsumierten gelegentlich eine oder mehrere Substanzen
  • 72,1% konsumieren illegale Substanzen (ohne Tabak, Alkohol)
  • 32,6% Mischkonsum diverser chemischer Substanzen
  • 5 Jugendliche Risikokonsum

Konsumverhalten und Substanz, Arbeitskreis Noah Studie 2022

* Studie 2022, Erfassung der Daten von 89 Kindern/Jugendlichen zwischen 8 und 20 Jahren

Quelle: Verlaufsstudie at high risk – Arbeitskreis Noah 2022 eine Evaluation

Wir wissen was sie tun, doch stoppen können wir sie selten.

Aus den Daten der Studie 2022 im Arbeitskreis Noah konnten bei 89 Kindern und Jugendlichen folgende Verhaltensweisen im kommunalen Raum beschrieben werden:

  • 56% der Kids zeigen provokatives Verhalten in der Öffentlichkeit.
  • 25% der Kids haben eine Wegweisung von zu Hause, aufgrund aggressiven, bedrohlichen Verhaltens gegenüber der Familie.
  • 39% zeigen Gewalt gegenüber anderen, vorrangig mit der Peergroup.
  • 26% zeigen Vandalismus im öffentlichen Raum.
  • 36% zeigen delinquente Verhaltensweisen (Diebstahl, Raub).
  • 18% der Kids zeigen inadäquate sexualisierte Verhaltensweisen, bei der Hälfte davon besteht der Verdacht auf Prostitution.

Verhalten außerhalb der Einrichtung

69% der im Arbeitskreis Noah 2022 betreuten Kids zeigen delinquente Verhaltensweisen.

  • Bei 25% der strafmündigen Jugendlichen gibt es bereits gerichtliche Auflagen und es liegen Strafverfahren vor.
  • 9% haben bereits Hafterfahrungen.

Im Vergleich zur Studie 2020 zeigt sich ein Anstieg delinquenter (strafrechtlich relevanter) Verhaltensweisen von 65% auf 69%.
Gezählt wurden alle Kinder/Jugendlichen (n-89) mit bereits getätigten delinquenten Verhaltensweisen, unabhängig vom Alter.

Quelle: Verlaufsstudie at high risk – Arbeitskreis Noah 2022 eine Evaluation

Anhand der Studie im Arbeitskreis Noah konnten 2022 bei 89 Kindern & Jugendlichen folgende Daten erhoben werden:

Schule

  • 53% gehen regelmäßig in die Schule
  • 37% der schulpflichtigen Kinder verweigern den Schulbesuch völlig und
  • 10% manchmal

Ausbildung

  • 43% der Ausbildungspflichtigen gehen keiner offiziellen Tagesstruktur nach
  • 57% sind mind. in Lehrstellen, Kursen oä. gemeldet
  • 51% der nicht mehr schulpflichtigen Jugendlichen haben keinen Schulabschluss

Quelle: Verlaufsstudie at high risk – Arbeitskreis Noah 2022 eine Evaluation